Fangen wir mal außen an. Wer als Grossist eine teure ventilierte Verpackung (ganze Bohne) wählt, die auch logistisch eine andere Herausforderung ist, macht dies in aller Regel nicht aus Marketinggründen, sondern weil er ein gutes Produkt nicht durch eine weniger geeignete Vermahlung und Verpackung in ihrer Qualität mindern möchte. Ein Kaffee der atmen kann und nach Öffnen der Packung leicht ölig schimmert ist erstens frisch geröstet und schmeckt ( vorbehaltlich er ist sorgsam gelagert und versand worden) immer reichhaltiger und unverfälschter als ein gemahlenes versiegeltes/vakumiertes Produkt.
1. Nehmen Sie den Kaffee quasie in die Hand. Besser verteilen Sie eine handvoll auf einem hellen Untergrund. Schauen Sie sich die Bohnen genau und einzeln an. Versuchen Sie zu ermitteln aus wieviel verschiedenen Bohnen unterschiedlicher Größe und Röstung setzt sich die Mischung zusammen. Keinesfalls gilt, dass je weniger verschiedenartige Bohnen, desto schlechter der Kaffee. Meistens handelt es sich um 1-2 verschiedene Bohnen unterschiedlichster Röstung aber auch 9 verschiedene Bohnen werden als bessere Handelware vertrieben. Je größer die Anzahl der verwendeten unterschiedlichen Bohnen umso besser lassen sich saisonale Unterschiede ausgleichen. ( obschon wir 9 verschiedene für etwas übertrieben halten). Wenn Sie etwas entdecken was gar nicht nach Bohne ausssieht, dann könnte es sich um eine Bohnenschale handeln.... was nicht schön ist aber da es nicht so häufig vorkommt und nur geringen Eigengeschmack entwickelt, ist es auch nicht dramatisch. Am leichtesten können Sie diese Verunreinigung beim Mahlvorgang hören - die Mühle hat dann einen Augenblick mehr Mühe und wird dadurch etwas lauter.
2. Wenn Sie die Anzahl der unterschiedlichen Bohnen bestimmt haben, richten Sie ihr Augenmerk auf den jeweiligen Zustand der einzelnen Bohnen und bestimmen somit die Güte der Auslese!. Einzelne Fehlfarben, welche deutlich heller erscheinen, können Sie auf Anhieb leicht entdecken und geben einen ersten Eindruck von der Sorgfalt der Lese wieder.. ( Hierbei handelt es sich mitunter um unreife Bohnen die bei der Röstung kaum Farbe annehmen und auch durch die Röstung nicht wirklich reifer werden. Sie können diese mit ein wenig Übung auch schon mit einem Blick durch den Plexiglas Kaffeebohnenbehälter erkennen). Beim Ernten der Bohnen mit der Hand ( Picking) werden im Gegensatz zur maschinellen Ernte "nur" rote reife Kaffeebohnen geerntet, die dementsprechend natürlich einen besseren Geschmack erreichen. In aller Regel kommen in Europa aber nur maschinell geerntete Bohnen auf den Markt die maschinell sortiert werden. Aber auch dabei gibt es große Unterschiede! Desweiteren zählen Sie die Anzahl von gebrochenen Bohnen. Ihr Anteil gibt Aufschluss wie schonend der Kaffee maschinell verlesen und geröstet wurde. Ganz entscheidend für den Geschmack sind allerdings die Bohnen welche irgendwie verformt oder missgebildet aussehen. Diese sind oftmals Bohnen welche vor der Röstung schon einem gewissen Zerfallsprozess ausgesetzt waren und dann durch die Röstung weiter verformt worden. Man nennt diese auch bittere Bohnen oder Stinker. Im Grunde handelt es sich um verschimmelte/verfaulte Bohnen die der Röstung zugeführt wurden. Jeder regelmäßige Kaffeetrinker hatte so eine Bohne schon mal in seiner Tasse. Es schmeckt wiederlich bitter mit einer säuerlich/bitteren fauligen Note die durch die Röstung übertüncht wird. Eine Bohne reicht aus um eine ganzen Dispenser voll Kaffee zu vergiften. Es ist der Alptraum eines guten Baristas: Der Kunde reklamiert seinen Kaffee und erhält aus dem kontaminiertem Dispenser womöglich einen neuen, mit noch mehr Bestandteilen dieser bitteren Bohne. Es ist wie beim Wein je besser der Kaffee verlesen und je schonender er weiterverarbeitet wurde umso eher enthält er keine bittere Bohnen. Wenn Sie den Geschmack einer bitteren Bohne einmal bewußt herausgeschmeckt haben können Sie dies bald schon riechen ohne den Kaffee zu trinken. Auch das ist ähnlich wie beim Wein der verkorkt schmeckt: Hat man den Geruch einmal deutlich wahrgenommen muß man die Flasche auch nicht mehr probieren! Es reicht daran zu richen. Genauso verhält es sich mit bitteren Bohnen. Leider verhält es sich mit ungewarteten Vollautomaten ähnlich. Die verschimmelten Reste in der Brühgruppe und dem Rest des Systems erzeugen einen gleichmäßig aber markanten bitteren Unterton bei jedem Brühvorgang.
3. Nach unserem Kenntnisstand sind in Deutschland 1 bittere pro 10000 Bohnen zulässig. Das heißt aber im Zweifel auf jedes Kilo Kaffee kommen 1-2 bittere Bohnen. Zum Glück ist dies in aller Regel nur bei den billigeren Kaffees der Fall. Wenn Sie eine Kaffeemühle nutzen welches über einen Dispenser das Mahlgut in den Siebträger befördert hat dies leider zu Folge das eine! gemahlene bittere Bohne ihren ganzen Dispenserinhalt (und damit bis zu 30 Tassen) verbittert. Wenn Sie jetzt berücksichtigen, dass in aller Regel der Kunde dem es einfach nicht schmeckt dieser den Kaffee nicht zurückgeghen läßt, sondern eisern das bittere Gebräu schlürft aber anschließend nie mehr einen Kaffe bei ihnen trinkt ... .... das einzige was wirklich helfen würde wäre den ganzen Dispenserinhalt austauschen! Aber seien wir realistisch im laufenden Betrieb geht dies leicht unter ... nur der Kunde der seinen reklamierten Kaffee wiederum grauenhaft findet wird später nicht nur nicht noch einmal bei ihnen Kaffee trinken, sondern auch über sein Erlebtes sprechen. Zu Recht denn sein Geschmack trügt ihn nicht. Insofern hilft ein billiger Einkauf dem Gastronom nicht wirklich!
4. Es hilft nix. Wenn Sie den Eindruck haben ihr Kaffee ist nicht sorgsam genug verlesen, müssen Sie den Lieferanten wechseln. Der erste und wesentlichste Lesevorgang geschieht bei der Ernte der zweite bei der maschinellen Lese. Das sich dies auf den Endpreis auswirkt scheint eine Binsenweisheit. Mal abgesehen davon, dass sorgfältige Arbeit auch Arbeitplätze schafft. Ob eine Lesemaschine mit 400000 Kaffeebohnen pro Minute oder mit minderer geringere Geschwindigkeit arbeitet, ob der Kaffee mehrfach maschinell verlesen wird oder nur einseitig durch die Lesemaschine schießt, macht in Bezug auf fehlerhafte Bohnen einen großen Unterschied. Insofern schafft ihre Geschmackssensibilität Arbeitplätze.
5. Es gibt im wesentlichen zwei verschiedene Kaffeesorten Arabica und Robusta. Wir bevorzugen Sorten mit einem geringen ( 5-20%) Robustaanteil da dieser für eine stabile Crema sorgt...... aber das sind schon marginale Feinheiten im Verhältnis zur Relation von Preis und Auslese! Ach so bevor ich es vergesse: Die Mindesthaltbarkeit von Kaffee in Deutschland beträgt in aller Regel für vakumierten Kaffee 2 Jahre, für ventilierten 1,5 Jahre. Wenn Sie also einen Kaffee kaufen welcher in 6 Monaten seine Mindesthaltbarkeitsgrenze erreicht hat, dann kann dieser nach der Röstung schon1,5 Jahre alt sein und keine leicht löslichen öligen Anteile mehr enthalten, die für das Aroma und die Crema aber ganz wesentlich sind! Nach unserem Dafürhalten ist Kaffee der älter ist als 6/7 Monate schon Überlagert. Wenn Ihnen mal wieder ein Sonderangebot ins Auge springt, werfen Sie mal eine Blick auf das MHD.